I
In Gold getaucht
sind Wälder und Wiesen,
Äcker und Flure
Herbstzauber liegt wie ein buntes Tuch
über dem Land
das ich mit jedem Atemzug
in mir verinnerliche
vermesse
Lasse alles wirken
und erahne die Lebendigkeit
im Wind und Sturm
Aufgebrochene Krumen
gespickt mit Halmen
trauriger Erinnerungen
an sommerheiße Tage
frohe Verheißung
auf den Tanz im Wind
hoch oben im Himmelsblau.
II
Hoch oben im Himmelsblau
steht er nun
einem Sperber gleich
Er rüttelt und zieht
vibriert und zerrt voller Ungeduld
wartet auf einen Wink
bäumt sich nach links
bäumt sich nach rechts
Fange ihn ein und
lass ihn bremsen
Ein Kampf
Drache und Wind
getragen und zu Boden gedrückt
grimmiges Flattern der Flügelenden
scharfes Surren der Leine
Weit über uns eine Formation aus Gänsen
laut rufend zieht sie über uns hinweg
Richtung Süden.
III
Richtung Süden
gehen meine Gedanken
Sehnsucht, es des Gänsen gleichzutun
auf dem Rücken meines Drachens
Er rüttelt und zieht
trudelt und reißt voller Verlangen
besteht auf einen Zug
wehrt sich gegen meine Hand
wehrt sich gegen den Halt
Fange an zu beben
lass ihn mir nicht entreißen
und höre den Knall.
Höre den Knall,
vervielfacht in der Atmosphäre
IV
Mein Drache
jagt im Freiheitstaumel
den Gänsen hinterher
Richtung Süden
Im Schlepptau die Nabelschnur der Welten
Am Schwanz die Päckchen
gefüllt mit Sehnsucht, Wünsche und Gedanken,
Heiße Tränen auf kalter Wange
Sehe auf die Schnur in meinen Händen
deren erdgebundenes Ende
langsam dem Boden entgegenschwebt
lässt nichts mehr von dem erahnen
was mich eben noch erfreute und verband
Ein bunter Drachen
(c) by Heike Kreitschmann, September 2011