"Sai(ei)tensprünge" Vernissage von Dieter Zawodniak, kunst - praxis, 16. Mai 2010

Jesko Gärtner - Zahnarzt, Implantologie, Kinderzahnheilkunde - Wittener Str. 242, 44803 Bochum

Vor 33 Jahren schrieb ich:


wenn ich mal könnte


manches wollte ich male

ohne den undefinierbaren

anspruch vollendung

den rauch über unserem haus

im zwielicht des abends


die silhoutten der städte

in denen wir ungezwungen

wie gefangene hausen

unklare scherenschnitte


das letzte blatt

das am baum klammert

ende november den purpur

verdunkelten himmel im fluß


manches wollte ich malen

das lebendige und das tote

den gegenstand wirklichkeit

die streunende katze

den räudigen höllenhund


den traurigen ernst

den die worte

nicht abnehmen nachlesbar

im spiegel der augen

sprachlose liebe


In den unzähligen Gesprächen, die ich mit dem Maler, Musiker und Freund Dieter Zawodniak führte, musste ich ihn immer wieder daran erinnern, auch mal an sich und seine eigene Kunst zu denken und sie öffentlich zu machen. Denn nicht erst seit der Gründung des Kunst4tels war Dieter ein Freund aller Künste und man kann ihn bis heute verlässich auf vielen Lesungen, Ausstellungseröffnungen und Konzerten treffen.

 

Seine Idee des Kunst4tels, ein Zusammenschluss alles Kunstrichtungen unter einem gemeinsamen Dach, ist für mich bis heute faszinierend, weil da einer gemerkt hat, dass nur Gemeinschaft und Solidarität der Kunst heute noch helfen kann, ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken und selbst ein Nischendasein wie das der Lyrik wahrgenommen wird.

 

Dieter ist und bleibt Künstler durch und durch, obwohl das Kunst4tel dazu verführt, ihn mehr als Kulturmanager zu betrachten. Er mnöchte helfen, dass Künstler, bekannt oder weniger bekannt, mehr wahrgenommen werden, ihr Organisator und Agent kann und will er nicht sein. Das müssen die Angesprochenen schon selber machen.So ist es immer wieder zu Missverstäündnissen gekommen, die ihn belastet haben und seinem Selbstverständnis von Kunst schwer zu schaffen machten. Gott sei Dank ist seine Kunst dabei aber nicht auf der Strecke geblieben.

 

Oft habe ich mich gefragt, wie der Impuls entsteht, Kunst zu machen, Kunst auf seine eigene Art und Weise zu gestalten?

 

Vielleicht liegt es in den Genen. Es mögen innereund äußere Umstände sein, innere und äußere Krisen, die als Auslöser fungieren. Aber auch Krankheit oder Mangel an Beachtung dessen, was er selbst achtet und beachtet, können den Sensiblen dazu bringen, sich mit der Hilfe der Kunst auszudrücken zu wollen. Oder einfacher gesagt:“Erst fällt mir etwas auf, dann fällt mir etwas ein.“ Dieses Zitat meines Schriftstellerkollegen Rainer W. Campmann geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Und es passt auch zur Kunst von Dieter Zawodniak, der 1955 in Gelsenkirchen geboren wurde und nach Ausdrucksmöglichkeiten für sich suchte. Das waren zunächst Landschaftsmotive, bis er auf den Punkt kam. Er punktete sein Leben, Punkt für Punkt, als hätte er sein Ohr drauf gelegt. Und erinnert mich daran, dass jemand wie er, der seine eigenen Stärken, aber auch seineDefizite und Mängel kennt, zur Perfektion neigt. Denn diese Punkte, (Zitat:“kraftvoll, gefühlvoll, genau, pointillistisch“), fordern nicht nur Geduld und Konzentration, sondern auch das Durchhaltevermögen der Inspiration.

 

Ab Dieter blieb nicht stehen, er entdeckte neue Felder, neue Möglichkeiten bis heute. Auf seiner Homepage steht, (Zitat:“Das Leben kommt ihm entgegen, ändert jedoch seinen Weg. Seinen Beruf als Betriebsschlosser muss er aufgeben.. Er wird Penionär.“). Er entdeckt geometrische Formen, er entdeckt das Abstrakte. Wenn jemand wie er dorthin findet, kann man alles Ernstes behaupten, dass das Abstrakte oft gegenständlicher wird als das Gegenständliche selbst.

 

Dieters Kunst zeigt aber auch etwas Grundsätzliches, das allen ernsthaften Künstlern anhaftet, die Neugier. Er versucht es mit Neonfarben und schafft neue Zusammenhänge, indem er verschieden Strukturen und Materialien kombiniert. Er, der genau hinsieht und betrachtet, schafft neue Dimensionen des Betrachtens durch Betracher. Das ist nicht wenig, das ist wesentlich und viel. Und schenkt ihm, dem Zweifler und oft Leidenden, Kraft, die sich auf seine Gäste übertragen möge, ganz im Sinne seines eigenen Erkennens, wenn er sagt, (Zitat: Das Denken lässt sich nicht in eine Richtung schieben, es geht viele Wege und fördert immer etwas Neues zu Tage“).

 

Michael Starcke